Für einen guten Start ins Leben
Barbara Hettich / Thurgauer Zeitung vom 07. Dezember 2019
Kick-Off zum Projekt Primokiz2: In der Region Bischofszell sollen Familien mit kleinen Kindern gezielt unterstützt und gefördert werden.
«Bildung beginnt nicht erst im Kindergartenalter, die Grundlagen für den gesunden Aufbau von Lebenskompetenzen werden in den ersten fünf Jahren gelegt», sagte Martin Hafen, Professor an der Hochschule für Soziale Arbeit Luzern. Er referierte an der Kick-Off-Veranstaltung zum Projekt Primokiz2, ein Projekt der Jacobs-Foundation, bei dem es darum geht, Akteure in den Bereichen Bildung, Soziales und Gesundheit zu vernetzen, um mit einer umfassenden Politik der frühen Kindheit, gute strukturelle Rahmenbedingungen für junge Familien zu schaffen.
«Es geht nicht um eine Verschulung der Kinder, was sie brauchen sind verlässliche Bezugspersonen und ein anregendes Umfeld», erklärte Martin Hafen. Kinder lernen beim Spielen, und wenn sie ab drei Jahren draussen auch ohne Eltern spielen dürfen, würden sie sich nachweislich besser entwickeln. «Fehlende Aufmerksamkeit und fehlende Spielgefährten machen Kinder depressiv und sie nehmen Schaden bei chronischem Stress in der Familie. Kinder aus sozial benachteiligten Familien werden in ihrem späteren Leben häufiger chronisch krank, die Folgekosten für die Gesellschaft sind enorm. Eine qualitativ gute Kinderbetreuung sei die beste Prävention, sagte Hafen.
Auch in einer ländlich scheinbar heilen Welt gibt es Handlungsbedarf. «Wenn ich sehe, was in unseren Kindergärten passiert, müssen wir mehr und früher auf die Eltern zugehen», sagte Pierre Joseph, Leiter Pädagogik der Volksschulgemeinde Bischofszell. Die Volksschulgemeinde Bischofszell hat das Projekt denn auch lanciert und Andrea Jezek-Schwager, Schulische Heilpädagogin und Kindergärtnerin, als Projektleiterin eingesetzt. Begleitet wird der Prozess von Coach Maya Mulle, Expertin Primokiz. Die politischen Gemeinden Bischofszell, Hauptwil-Gottshaus, Hohentannen und Zihlschlacht-Sitterdorf haben sich verpflichtet, zumindest in einem ersten Schritt mitzumachen. Rund 80 Entscheidungsträger und Fachpersonen haben an der Kick-Off- Veranstaltung teilgenommen. Finanzielle Unterstützung kommt auch vom Kanton.
Das Ziel wird wie folgt definiert: Mit einer gemeinsamen Politik der Frühen Kindheit wollen die Gemeinden den Kindern und ihren Familien einen bestmöglich gestalteten Lebens- und Entwicklungsraum bieten. Die Kinder sollen gut auf den Eintritt in den Kindergarten vorbereitet sein. Das Projekt beabsichtigt, ein umfassendes Angebot für Familien sicherzustellen, welches auf Bestehendem aufbaut und lokale und regionale Erfahrungen, sowie Ressourcen berücksichtigt. «Bis Juni 2020 wollen wir eine Situationsanalyse und einen Massnahmenkatalog für jede Gemeinde erstellen», erklärte Andrea Jezek-Schwager den weiteren Zeitplan. Die Gemeinden werden anschliessend individuell entscheiden, wie sie weiter vorgehen sollen oder wollen.
In der anschliessenden Diskussionsrunde stand insbesondere eine Frage im Raum: Was muss berücksichtigt werden, damit der Prozess erfolgreich sein wird. «Es muss sich lohnen, es muss umsetzbar sein und es muss finanzierbar sein, es brauche Öffentlichkeitsarbeit und bestehende Strukturen sollten gestärkt und vernetzt werden», kamen Anregungen aus dem Plenum.
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